Kunst Pfad
I care for you

Unsere Welt ist durch Sorge und Fürsorge aufgrund einer weltweiten Virus-Epidemie geprägt. Mit einem partizipativen Kunstprojekt am Gaswerk Augsburg stellen wir uns die Frage, wie fürsorglich sind unsere Systeme, wie kann eine fürsorgliche Welt aussehen? Das Gaswerk als Relikt aus der hochindustrialisierten Zeit der Stadtgasgewinnung bietet hierfür ein widersprüchliches Ambiente. Die größtenteils noch gut erhaltenen Gebäude sind von einer einzigartigen Architektur und ästhetischen Schönheit. Sie lassen aber auch erahnen, wie gefährlich es für Betriebsangehörige war, die technischen Anlagen zu bedienen. Wie war es um die Wohlfahrt der Belegschaft bestellt, welche Fürsorge hat sie erfahren? Mit unserem Kunst Pfad transformieren wir diesen Stoff an mehreren Stationen im Außengelände des Gaswerks in die heutige Zeit verwenden dabei inklusive Elemente, um sehbehinderten Menschen zu ermöglichen, an Kunst zu partizipieren.
Kunst Pfad Stationen
- GASIUS – Schutzpatron des Gaswerks: Installation am Gasbehälter
- BLAU MACHEN: Fotocollagen auf Stoff im Parkgelände
- SHELTER I: 3D-Erlebnis mit einer Virtual-Reality-Brille
- SHELTER II: Sound-Erlebnis am Smartphone
- LOST: Intervention auf der Wiese über dem Luftschutzbunker
Hinweise zur Erkundung
An jeder Station findest du eine Hinweistafel mit einem oder mehreren QR-Codes. Du benötigst ein Smartphone mit einer App, die diese QR-Codes lesen kann. Du wirst hiermit zu weiteren Medien wie Sound und Bild geleitet. Für das Aufrufen eines 360°-Bildes an der vierten Station brauchst du einen VR-Media-Player. VR steht für Virtual Reality. Wenn du zusätzlich eine Google Cardbox verwendest, kannst du dein 3D-Erlebnis intensivieren. Für noch mehr Raumerfahrung gibt es spezielle Brillen. Du kannst die Geräte bei uns ausleihen. Wende dich hierzu an kontakt@gasiusworx.de.
Im Herbst und im Winter sind unsere Hinweistafeln, die sonst auf dem Gelände stehen, eingelagert. Auch die Station BLAU MACHEN wird erst wieder im späten Frühjahr zu sehen sein. Einstweilen dokumentieren wir die Stationen hier auf der Website. Von hier aus können auch die Audiodateien aufgerufen werden.
Wir bieten Führungen an. Für Menschen mit Sehbehinderung steht ein taktiler Geländeplan zur Verfügung. Am Portalgebäude findest du eine Übersichtstafel und eine Box mit einem Flyer.
Station 1: GASIUS - Schutzpatron des Gaswerks
Durch eine Installation am Teleskopgasbehälter II erforschen wir, wie GASIUS auch heute noch als Schutzpatron wirken kann. Seit 1913 ist GASIUS jedes Jahr im Frühjahr als engelsgleiche Schattenfigur zu sehen. Die Gaswerksangehörigen haben diesen Schatten zu ihrem Schutzpatron auserkoren. Sie waren fest der Meinung, nur durch GASIUS konnten das Werk und seine Menschen darin Unfälle und Kriegsjahre überstehen. GASIUS ist bis heute eine romantische Vorstellung eines höheren Wesens mit einem sinngebenden Plan geblieben, nämlich dem, dass das Gaswerk weiterhin Schutz und Fürsorge nötig hat. Denn es ist eine Mammutaufgabe, die Gebäude zu erhalten und sie einer sinnvollen Nutzung zuzuführen.
Künstlerinnen: Susanne Thoma, Lina Mann
Inklusive Kunst: Die Geschichte von Gasius und den Gasbehältern ist in einer Audioarbeit festgehalten. Neben der Installation finden mehrere Live-Events mit Dunkel-Lesungen statt, mit dem Ziel, ein Kunsterlebnis zu schaffen, das mit möglichst vielen Sinnen erfahrbar ist.
Mitwirkung: Wolfgang Böhme

GASIUS erzählt seine/ihre Geschichte
Station 2: BLAU MACHEN – über die Wohlfahrt am Gaswerk

Audiodeskriptionen zu den Blaudrucken
Eine Station des Pfades bildet die Gefahrensituationen am Industriestandort Gaswerk und die Wohlfahrt der Arbeiter:innen ab. Das Gaswerksmuseum Augsburg stellt uns sein umfangreiches Fotoarchiv zur Verfügung. Wir gestalten aus Fotocollagen auf Stoffbannern eine Ausstellung im Parkgelände. Die Stoffbanner stellen wir im Blaudruckverfahren her. Blau steht in der Farbsymbolik für Harmonie, Zufriedenheit und Ruhe. Die Farbe gilt als beruhigend und entspannend und unterstreicht den Wohlfahrtsgedanken. Die Redewendung BLAU MACHEN steht im Zusammenhang mit dem „blauen Montag“. An diesem Tag konnten sich Färbergesell:innen früher ausruhen, nachdem sonntags Stoffe in das blaue Farbbad gelegt wurden. Die Farbe entwickelte sich, wenn die Stoffe nach dem Farbbad an der Luft trockneten. So hatten die Arbeiter:innen montags frei. Das moderne Blaudruckverfahren, auch Cyanotypie genannt, funktioniert in ähnlicher Weise durch Einwirkung von Sonnenlicht auf Stoffe.
Künstlerinnen/ Mitwirkende: Ingrid Alsmann, Susanne Thoma, Stefanie Kraut,
Angelika Haselböck, Sabine Obst, Claudia Böhme, Matthias Ubert
Inklusive Kunst: Zu allen Motiven gibt es Audiodeskriptionen.
Station 3 und 4: SHELTER I und II - Luftschutz und Bunkerstille
Auf dem Gaswerkgelände sind mehrere Luftschutzräume erhalten. Dorthin flüchteten Werksangehörige bei einem Luftangriff während der Arbeitszeit. In die Arbeit sind Texte aus dem Roman »Tag null – Tag eins« von Hans Prölss eingeflossen. Die Zeitzeugin Barbara Schneider berichtet von ihren Erlebnissen während der Augsburger Bombennacht von 1944. (Quelle: Youtube video von Volltreffer online. Schülerredaktion der Albert Einstein-Mittelschule) Aus diesem historischen Material haben wir eine 3D-Erfahrung angefertigt. Mit einer Virtual-Reality-Brille wird das Leben im Bunker nachvollziehbar, auch ohne ihn real zu betreten. Durch das 3D-Erlebnis entsteht eine intensive Auseinandersetzung mit einem sehr speziellen Zufluchtsystem in Ausnahmesituationen wie Krieg und Katastrophen.
Künstler:innen: Arnold Schenk, Sophie (Te) Tröster, Susanne Thoma | Mitwirkende: Gabriele Hornauer, Werner Tröster, Christine Tettenhammer, Oliver Frühschütz, Stefan Zaum, Max Zaum
Inklusive Kunst: Bunkerstille: eine Soundcollage mit O-Tönen aus Vergangenheit und Gegenwart, verarbeitet zu einem Audiogewebe aus schweigsamen Stahlbeton, Romanauszügen und Beobachtungen für das Ohr.

Soundcollage Bunkerstille
Station 5: LOST

Audiodeskription zu LOST
Mit der künstlerischen Arbeit LOST wird die Frage aufgeworfen, was sichtbar bleibt und was verloren geht. Die »living sculpture« ist der Versuch, einer banalen Wiese eine gestaltete Form abzutrotzen. Mit Huflattich, Kriechendem Günsel, Behaartem Schleierkraut und anderen Kräutern wurde der Schriftzug LOST angesät. Der seitenverkehrte Buchstabe »L« zeichnet dabei den Umriss eines im Erdreich verborgenen Luftschutzbunkers nach. »Lost« ist das Jugendwort des Jahres 2020. Die Künstlerin Stefanie Kraut hat sich mit Luftbild-Archäologie beschäftigt. Damit lassen sich unter der Erde verborgene Siedlungsreste aus der Vogelperspektive an der Vegetation ablesen. Die Ungewissheit, wie und wann sich der Schriftzug LOST auf dem vorhandenen Rasen sicht- und lesbar abheben wird, ist kalkulierter Teil der vegetativen Installation. Eine beständige gärtnerische Fürsorge ist Bedingung, nicht aber Gewähr, für die Sichtbarkeit des Textes.
Künstlerin: Stefanie Kraut | Mitwirkende: Susanne Thoma, Holger Thoma, Matthias Amann, Claudia Böhme u.a.
Inklusive Kunst: Eine Audiodeskription begleitet die Intervention.





